#belotusWRITINGs

Die Liebe. Sie passiert. In Wellen.

Am Abend telefoniere ich mit einer Freundin, spaziere dabei im Garten umher und esse ein paar Kräuter. Wir sprechen über das Gespür für Mode und Marketing. Irgendwie schaffen wir es, dass wir beim Thema Liebe landen. Ich mag es, wenn mir Menschen Liebesgeschichten erzählen. „Tatsächlich fühlte es sich damals so an, als hätte mich der Blitz getroffen“, sagt sie. „Ach, erzähl‘ mir doch nochmal vom Zauber eures Kennenlernens“, bitte ich sie. Ich kenne ihre Geschichte, kann mich aber nur noch vage erinnern. Sie beginnt zu erzählen. Vom ersten Treffen, von der Ungewissheit, ob sie sich wieder sehen würden, die gleichzeitig auch von der Hoffnung begleitet wurde, dass sie sich wieder sehen würden. Vom Versuch sich wiederzusehen, der scheiterte, was Zweifel mit sich brachte. Doch sie haben sich gefunden. Denn wenn es so sein soll, dann findet die Liebe ihren Weg. „Denke ich auch“, sage ich. Ich gehe über die Garage ins Haus und stehe in der Diele vor der Spiegelwand. „Die Liebe verändert sich im Laufe der Zeit“, sagt sie. „Alles verändert sich im Laufe der Zeit“, sage ich und blicke dabei in mein Spiegelbild. „Diese große Liebe, diese Verliebtheit, das gibt es doch nur einmal im Leben“, meint sie. Ein Moment der Stille entsteht. Nicht dieser Moment der Stille, der durch den no-mind Zustand entsteht, sondern jener Moment der Stille, der durch Unsicherheit entsteht, denn ich weiß jetzt nicht, was ich antworten soll. Ich gehe mit dem Handy in der Hand in die Küche, um einen Schluck Wasser zu trinken und sage schließlich: „Ich weiß es nicht. Aber vielleicht kann sie, diese Liebe, mehr als einmal passieren. Ich meine, Menschen trennen sich, weil sie jemand anderen kennenlernen. Vielleicht überrascht sie dieses immense Gefühl der Liebe zum ersten Mal zu einem späteren Zeitpunkt in ihrem Leben. Es wäre auch denkbar, dass dieses Gefühl, zweimal oder mehrmals im Leben passiert. Eventuell zu einem total falschen Zeitpunkt. Dann könnte alles kompliziert werden. Daraus würden sich viele Fragen ergeben. Wahrscheinlich zu viele.“ Allein die Gedanken daran verwirren mich, überfordern mich. Ich ziehe die Schultern hoch und schüttle leicht meinen Kopf und sage nochmal: „Ich weiß es nicht, wie oft es diese große Liebe gibt. Ich kann es nicht beurteilen.“

Nach dem Gespräch gehe ich zur Gartendusche, warte eine Weile, bis die Temperatur für mich angenehm ist und stelle mich darunter. Ich liebe das. Wasser verhilft mir zu Klarheit. Ich stehe unter der Dusche und betrachte den Himmel. Ein Regenbogen ist neben dem Dach des Holzschuppens zu sehen. Wunderschön ist er. Ich beobachte staunend das Farbspiel. Ich kann sehen, wie sich der Regenbogen auflöst und sich in ein Pink-Blau-Hellgrau verwandelt. Ich bin dankbar, dass ich diesen Farbwechsel soeben mitansehen durfte. Ich drehe mich um und lasse die sanften Wasserstrahlen mein Gesicht berühren. Dann blicke ich wieder empor Richtung Himmel. Schwalben spielen im Wind. Ich mag ihre Freude und ich stelle fest: auch das ist Liebe. Liebe ist weitläufig. Ich denke, sie ist unendlich. Liebe ist nicht nur die Liebe zwischen Mann und Frau und Frau und Frau und Mann und Mann, sondern auch Selbstliebe, Nächstenliebe, die Liebe zum Leben und noch viel mehr. Die Liebe, sie kommt immer wieder. Wie die Wellen am Strand. Zuverlässig. Und von Zeit zu Zeit in einer anderen Form.

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