#belotusWRITINGs

Krumau

In Krumau will ich zu Egon Schiele, die Kinder allerdings nicht. Also beschließe ich nur in den Shop des Kunstzentrums zu gehen. Mein Mann, die Kinder und meine Schwester kommen mit. Ich sehe die Kunstkarten durch. Der Mann von der Kassa kommt auf mich zu und weist mich darauf hin, dass es noch einen weiteren Raum gibt, der zum Shop gehört. Er führt uns in den anderen Raum, zeigt den Kindern Kunstpuzzles, die nach Vorlage zusammenzusetzen sind. Ich setze mich mit den Kindern auf die Kinderstühle. Während die Kinder puzzeln, zeigt er mir eine Collage aus einem Krumaubild Egon Schieles und dem Porträt seiner Schwester Gertrude. Er erzählt mir von den derzeitigen Zusatzausstellungen von Michal Gabriel und Alois Riedl. Er holt Bücher der Künstler und zeigt sie mir. Der Mann von der Kassa trägt einen dunkelblauen Anzug, unter dem Sakko einen roten Rollkragenpullover. Ein wenig erinnert er mich an Chris Martin. Weitere Menschen kommen und durchstöbern den Shop. Der Mann im Anzug bleibt bei mir und erzählt weiter. Wir führen eine Unterhaltung auf Deutsch-Englisch.

Nach dem Bezahlen der Kunstkarten bedanke ich mich bei dem Mann und verlasse das Kunstzentrum. Ich sehe mich noch kurz im Innenhof vor dem Kunstzentrum um. Der Mann im dunkelblauen Anzug eilt mir nach. Er sagt, ich müsse den anderen Ausgang nehmen. Jenen Ausgang, der zur Hinterseite des Museums führt. Dort würde ich die roten, fliegenden Hirsche von Michal Gabriel sehen. Wir gehen also hinter das Museum und landen in einer Gasse. Die roten, fliegenden Hirsche schweben über uns, sie sind zwischen den Häusern befestigt. Ich finde mich in einer Gasse Krumaus wieder, in der ich noch nie war. Das Haus gegenüber dem Kunstzentrum sieht aus wie ein riesiges Atelier. Meine Schwester meint, dass sie eigentlich gerne die Haifische des Künstlers gesehen hätte, welche ausgestellt sind. Ich sage ihr, dass sie diese auch vom Shop aus sehen kann. Ich beschließe ihr die Haifische zu zeigen und so gehen wir wieder in den Shop des Kunstzentrums, in den zweiten Raum. Dort ist eine Glaswand mit einer Glastür, welche den Verkaufsshop von den ausgestellten Haifischen trennt. Der Mann im dunkelblauen Anzug kommt wieder auf uns zu, sperrt die Glastür auf und meint, dass wir gerne reingehen können. Wir betreten den Raum und sehen uns um. Keiner ist hier, nur meine Schwester, ich und die Haifische.

Als wir das Museum verlassen, kommt es mir so vor, als wäre ich wieder in der Realität angekommen. Die Szenen von vorhin, kommen mir surreal vor. Ich denke noch lange über den Mann im dunkelblauen Anzug nach. Wahrscheinlich deswegen, weil ich spüren konnte, dass er für die Kunst brennt, dass die Kunst für ihn sehr wertvoll ist. Und ich mag es, in Gesichter zu blicken, in denen ich Leidenschaft erkennen kann. Diese Leidenschaft, sie ist eine Form der Liebe.

Ich bin ihm sehr dankbar, dem mir eigentlich unbekannten Mann im dunkelblauen Anzug, der mir ungefragt vieles erklärte und erzählte, mir Einblicke in eine andere Welt gewährte und seine Leidenschaft für eine Weile mit mir teilte.

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